Trotz Umbau: 40-jährige Firma bleibt bestehen | Immer da. Immer nah.

2021-12-29 21:08:27 By : Ms. Zara Shi

An der Tannstrasse in Effretikon wird bald gebaut. Wo Walter Ittin über 40 Jahre lang sein Geschäft für Präzisionsdrehteile geführt hat, sollen Wohnungen und eine kleine Werkstatt entstehen.

Walter Ittin ist es gewohnt, sich anzupassen. Fast sein ganzes Leben musste er sich immer wieder auf neue Situationen einstellen, wie er sagt. Der gelernte Werkzeugmacher war zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn Flugzeugmechaniker bei der Swissair. Auch in seiner Freizeit verbrachte er viel Zeit mit der Fliegerei. Dann, im Jahr 1971, starb sein älterer Bruder bei einem Flugzeugabsturz. Er war als neuer Geschäftsführer für die Firma seines Vaters vorgesehen, die Präzisionsdrehteile herstellt. «Als mein Vater ein Jahr darauf ebenfalls verstarb, lag es an mir, den Betrieb zu übernehmen», sagt Ittin.

Inzwischen ist die nächste Anpassung im Gange: Ittin baut seine Liegenschaft an der Tannstrasse in Effretikon um, wo sich das Geschäft befindet. Dieses gibt er aber noch nicht ganz auf, in einer kleinen Werkstatt wird Ittin weiterhin Teile für seine langjährigen Kunden fertigen.

Seit 1973 führt der 68-Jährige nun das Geschäft für Präzisionsdrehteile. Die Gewinde-Metallteile, die von weniger als einem Zentimeter bis zu mehreren Dezimetern Länge reichen, hat Ittin im Lauf der Jahre für unterschiedliche Einsatzgebiete verkauft. Als er die Firma übernommen hatte, ging es der Branche nicht gut. Die Krise in der Uhrenindustrie machte ihnen zu schaffen. Damals hatte Ittin viele Teile für Maschinen in Uhrenfabriken geliefert.

In den darauffolgenden Jahren fungierte das Geschäft als Zulieferer für Autoproduzenten. Doch auch auf dieses Standbein musste Ittin mit der Zeit verzichten. «Die Autobranche wuchs und wir waren zu klein für die verlangten Lieferverträge», sagt er. Und als Lieferant für Kassenbestandteile wurde Ittin bald von elektronischen Geräten verdrängt.

«Es war ein ständiger Kampf um die Preise», sagt Ittin. Der Druck sei riesig gewesen. «Für grössere Serien gingen alle ins Ausland.» Nur, wenn jemand dringend etwas brauchte, habe er noch bei ihm bestellt. Sonst seien die Teile von China mit dem Schiff hergekommen. «Weil im Ausland viel tiefere Löhne gezahlt wurden, konnten wir preislich nicht mehr mithalten», sagt Ittin.

Sein Vater ist 1948 nach Effretikon gezogen. In den 1960er Jahren erlebte die Firma ihre goldenen Zeiten. Da hatte sie grossen Erfolg mit Stahlrohrmöbeln für Garteneinrichtungen und Campingmöbel. Doch auch dieser Trend fand ein Ende. «Als die Migros die selben Möbel günstiger produzierte, konnten wir nicht mehr mithalten», sagt Ittin.

Zu Spitzenzeiten waren in der Firma sechs Mitarbeiter angestellt, darunter Ittin selbst. Ab 1982 verkleinerten sie den Betrieb. «Wir haben weniger Umsatz gemacht, dafür aber mehr verdient.» Heute arbeiten sie noch zu zweit in der Werkstatt, und dies jeweils nur am Morgen. «Es ist perfekt aufgegangen. Die Arbeit hat kontinuierlich abgenommen, je näher meine Pension gerückt ist», sagt Ittin. Betriebe wie seiner seien Auslaufmodelle in der Schweiz.

Er selbst will noch etwas weiterarbeiten, solange es ihm die Gesundheit erlaubt. Wachstum strebe er aber keines an. «Wir werden weiterhin unsere langjährigen Kunden beliefern, suchen aber nicht aktiv nach neuen Kunden.»

Von der Fliegerei zu Motorbooten

Ittin hat zwar Ausbaupläne, dabei geht es aber nicht um die Firma, sondern um seine Liegenschaft. Er selbst nimmt Anpassungen an seinem Haus an der Tannstrasse vor. Das Zweitbüro habe er schon aufgelöst, nun wolle er endlich mit dem Bau beginnen. Dort, wo jetzt seine Werkstatt ist, sollen vier 3½- Zimmer-Wohnungen entstehen. Die Planung des Baus habe ihn in den letzten drei Jahren «viel Zeit gekostet», sagt er.

In eineinhalb Jahren soll der Bau fertig sein. Er hoffe, dass der grosse Planungsaufwand nun grösstenteils vorbei sei und er sich öfter seiner Freizeitbeschäftigung widmen könne. Die Fliegerei ist es nicht mehr. Ittins neue Lieblingsbeschäftigung ist sein Motorboot auf dem Zürichsee. «Ich habe während meiner Fliegerei viele Fliegerkollegen verloren, das muss ich nicht mehr haben.»